Nach einer kleinen Pause nehme ich meine zweiwöchige Rubrik Wochenrückblick wieder auf - in gewohnter Manier mit Kommentaren und Links zu Artikeln, Blogs und Videos im deutschen oder englischsprachigen Internet. Derzeit habe ich das Gefühl, dass sich alle Welt nur mit Krisen und Problemen beschäftigt, daher beenden wir den heutigen Wochenrückblick einfach mal mit einem unkonventionellen, positiven Ausblick.
Ganz oben auf der Liste steht die Unsicherheit um den Brexit - das Referendum am 23.06.2016 wirft seine Schatten voraus. Tobias Straumann vom Blog Never mind the markets fragt sich jedenfalls Wird Frankfurt vom Brexit profitieren? und ich teile sein Fazit: Weder die Schweiz noch Luxemburg haben ihre Bedeutung als Finanzplatz verloren: trotz Änderungen beim Bankgeheimnis, trotz neuer Gesetze zu Regulierung und Steuern, trotz Panama Papers ...
Und genauso wird es mit London als Finanzplatz sein, Brexit hin oder her. Wer also auf die Gewinner oder Verlierer eines Brexit oder Nicht-Brexit wetten will, kann das tun. Er sollte aber bedenken, dass die wirtschaftlichen Konsequenzen derzeit stark übertrieben dargestellt werden, die möglichen Börsenturbulenzen vielleicht nur ein Sturm im Wasserglas werden und das sich Länder, Institutionen und Unternehmen auf geänderte Rahmenbedingungen einstellen können.
Aber da sind ja noch weitere Krisenherde, daran herrscht kein Mangel!
Unter der Überschrift Was uns plagen könnte listet Georg von Wallwitz in seinem Börsenblatt neben dem Brexit gleich zwei weitere auf: die Schuldenkrise in China und die Gefahr einer unerwarteten Zins-Erhöhung durch die FED in den USA. Beide Themen scheinen für Mai und Juni 2016 abgehakt bzw. unwahrscheinlich. Daher geht der Autor von einem "Durchwursteln" der Märkte aus, ohne Enthusiasmus, aber auch ohne tiefe oder lange Einbrüche. Eine faire Annahme, wobei man auch salomonisch sagen könnte: Haben die Märkte je etwas Anderes getan als Durchwursteln, wenn man von normalem Geschäft redet und sie nicht gerade im Panik- oder Euphorie-Modus sind? Das Vorliegen von widersprüchlichen Informationen und von positiven und negativen Faktoren ist doch Normalität und die Informationen werden zu jeder Zeit verschieden interpretiert und verarbeitet.
Eine gute Illustration dieses Umstands ist die Sicht des Amerikaners Jim Rickards auf die Gefahr einer FED-Zinserhöhung, wie sie in seinem Interview mit Boom&Bust zum Ausdruck kommt (ab 14:30min): Die Risiken sind asymmetrisch, besser abwarten und eine Inflation riskieren, die man schon irgendwie wieder in den Griff bekommen wird, statt zu früh die Zinsen anzuheben und eine Deflation und einen zu starken Dollar zu riskieren.
Boom&Bust, 23.05.2016, RT, via youtube
Als letzter Artikel in der Krisenrunde ist mir noch jener von Julia Groth (capital.de) aufgefallen: 4 Risiken für die Finanzmärkte. Neben dem Brexit sieht sie die Flüchtlingskrise, die Wahlen in Spanien und Donald Trump als größte mögliche Brandherde. Da hat sie doch eindeutig die Rezension in Brasilien, La Nina, den niedrigen Ölpreis und die gescheiterte Politik von Premier Abe in Japan vergessen!
Aber Schwamm drüber, zumindest wird bei jedem Punkt hier nicht lange drum herum geredet, sondern die wesentlichen Argumente aufgelistet und weitere Artikel empfohlen, wenn man denn noch weiterlesen möchte. So soll das sein, als Überblick - wie eingangs geschrieben - und Startpunkt lesenswert.
Damit kommen wir zum Fazit und Ausblick: Ist die Lage wirklich so eindeutig krisenhaft?
In Europa, USA, Brasilien, China und Japan? Schwarze Schwäne überall, nur noch unklar, wann und wie sie sich manifestieren? Natürlich nicht, schreibt sich nur einfacher über Krisen.
Darum präsentiere ich hier die Covacoro Querdenker Positivszenarien für alle Optimisten und Investoren, die einen Grund suchen, gerade jetzt nicht die Nerven zu verlieren:
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Donald Trump wird Präsident und Kongress, Senat und die starke Wirtschaftslobby sorgen für die Zähmung des Widerspenstigen. So kommt es, dass sein
Wahlkampf-Slogan "Make America great again" am Ende vor allem eines bedeutet: Investitionen. Investitionen in die Infrastruktur, in erneuerbare Energien, in Innovationen. Das bleibt
auch anderen Staaten und internationalen Unternehmen nicht verborgen und so entwickelt sich ein dynamische Feedbackschleife: wer nicht zurückbleiben will, investiert und das befeuert das
globale Wachstum.
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Während alle Welt noch auf die wirtschaftlichen Probleme Brasiliens und Chinas achtet, starten Vietnam, Indien und Mexiko in 2016 in die zweite Runde
ihrer wirtschaftlichen Aufholjagd. Eine amerikanische Investmentbank proklamiert folgerichtig: BRIC ist tot, es lebe VIM - very important markets. Die Rohstoffmärkte atmen auf, die Nachfrage
zeigt bald wieder deutlich nach oben und die Ökonomien mit hohen Anteil an Rohstoffexporten erholen sich.
- Das BREXIT-Referendum endet mit einem knappen Sieg der Gegner, so dass der Verbleib in der EU beschlossene Sache scheint. Doch mit mehr als 45 Prozent der Stimmen für den Austritt im Rücken, versucht die britische Regierung in der Folge weitere Vergünstigungen in Brüssel auszuhandeln. Eine sich selbst verstärkende Diskussion über den Sinn der EU beginnt, in die bald Spanien, Frankreich und Italien einstimmen. Auch die besondere Behandlung Dänemarks und der Schweiz werden in der Folge heftig diskutiert. So kommt es, dass in 2017 ein EXIT-Referendum das nächste jagt - in allen größeren Mitgliedsländern. Doch statt in der kompletten Auflösung mündet die Diskussion in 2018 in eine überarbeitete, förderale Struktur, in das Ende der Sonderregeln für einzelne Länder und in eine komplette Restrukturierung der Staatsschulden auf europäischer Ebene. Das Unerwartete ist eingetreten: der Austritt einzelner Länder ist plötzlich keine Drohung mehr.
Interessante Lektüre und jederzeit ein Quentchen Optimismus wünscht
Covacoro
P.S. Die Positivszenarien sind inspiriert durch die jährlich wiederkehrenden Schreckens-Szenarien der Saxobank. Die 10 provokanten Thesen für 2016 kann man hier nachlesen.
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