Der COVACORO-Wochenrückblick: lesenswerte Artikel und Videos aus der deutschen und englischen Blog-Szene, wie immer mit ergänzenden Anmerkungen.
Der Januar ist geschafft und für manche Anleger ergibt sich ein ungewohnter Anblick: das Depot ist im Minus, und zwar deutlich. DAX, Dow Jones, S&P500, Nikkei - die Indizes der entwickelten Märkte gaben um 8 bis 9 Prozent nach. Hang Seng, Bovespa und Shanghai B (einige Indizes der sogenannten Schwellenländer) verloren zweistellig, letzterer sogar 20 Prozent.
Was ist zu tun? Wenn man seine Portfolio-Allokation richtig gewählt hat, will heißen nicht mehr Risiko eingegangen ist, als man verkraften kann, eigentlich wenig. Dann sind Aktien ja nur ein Teil der Gesamtallokation und Tagesgeld, Anleihen, etc. sollten ein signifikantes Gegengewicht ausmachen und den Verlust abpuffern. Hat man die Zielgewichtungen erst Anfang Januar wieder hergestellt und überprüft sie jährlich, dann heißt es jetzt einfach gelassen bleiben.
Aber vielleicht hat man ja auch das Rebalancing noch nicht vorgenommen und stellt jetzt fest, dass der Aktienteil trotz der rückläufigen Kurse zu hoch ist. Welche Werte verkauft man dann? Die Werte im Plus, die Werte im Minus oder von allen Werten ein wenig? Oder was kauft man, wenn man Cash rumliegen hat und eigentlich den Anteil der Aktien erhöhen wollte?
Dieser Frage geht Markus Elsässer in seiner Kolumne auf Wiwo.de nach und stellt seine Strategie dar, mit den psychologischen Fallen dabei umzugehen. Er schlägt vor, wie ein Gärtner vorzugehen: "Rosen stehen lassen und das Unkraut entfernen". Das heißt: zukaufen bei Werten, die sich gut entwickeln und verkaufen, bei Werten, die sich negativ entwickeln. Mit diesem Ratschlag steht er nicht allein da, unter Privatanlegern scheint eher das Verbilligen und Gewinne mitnehmen populär zu sein. Aber sein Rat ist unbequem und bedenkenswert.
Was die große Tendenz der Weltwirtschaft angeht, hat sich letzte Woche Felix Zulauf mit einem Interview auf Finanz & Wirtschaft zu Wort gemeldet.
Nun muß man Stärke verkaufen beschreibt seine Sicht der Dinge: der Bullenmarkt ist zu Ende, die Politik der Notenbanken verliert ihre Wirksamkeit, China ist das Zentrum der sich anbahnenden Krise und der von dort ausgehende deflatorische Schock wird alle Länder der Welt betreffen. Daher rät er, bei Stärke Aktien zu verkaufen und sich so defensiv wie möglich zu positionieren.
Meine Meinung: seine Argumentationskette ist nachvollziehbar, doch die so detailliert beschriebene Abwärtsspirale kann sich so abspielen, oder auch durch unerwartete zukünftige Maßnahmen und Entwicklungen verändert werden. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die Notenbank von Japan bereits jetzt Negativzinsen einführt?
Apropos China: Ist die Lage dort wirklich aussichtslos und die volatilen Börsen so etwas Neues, Aufsehen und Besorgnis Erregendes, wie viele Artikel und News betonen? 20 Prozent Einbruch seit Jahresanfang, wilde Auf- und Abschwünge der Kurse. Ökonomische Daten und Interventionen an der Börse, denen viele mit Misstrauen begegnen. Erst riesige Geldzuflüsse, jetzt seit mehreren Monaten massive Abflüsse.
Wirklich neu? Dieser Frage hat sich Jason Zweig, Kolumnist des Wallstreet Journals angenommen und im Artikel Lessons from the US frontier einige Schlussfolgerungen formuliert:
- Die US-Märkte im 19.Jahrhundert verhielten sich ähnlich denen Chinas im 21.Jahrhundert. Hier wie dort kam es zu Investitionsbooms und Aktienmarkt-Volatilität und Crash.
- Emerging Markets zeigen nicht per se höhere Investmentrenditen, nur weil diese Länder zeitweilig höhere Wachstumsraten aufweisen.
- Intelligente Investoren interessieren sich dann für Schwellenländer, wenn die Nacht am dunkelsten ist.
Ein Blick zurück kann also durchaus erkenntnisreich sein!
Schau doch mal ins Blog-Archiv, vielleicht findet sich ein Artikel, der interessant ist. Allerdings: Börse ist im Gegensatz zu Blogging kein Entertainment - das wusste Mr. Market schon 2014!
Covacoro
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