Das erste Halbjahr 2016 ist Geschichte und wie üblich, möchte ich eine Zusammenfassung der Transaktionen und Wertentwicklung des Wikifolios geben. Bedingt durch den frühen Urlaub dieses Jahr erst Ende Juli, was mir aber die Gelegenheit gibt, noch auf aktuelle Meldungen zu einigen Unternehmen einzugehen.
Transaktionen BIS ENDE JULI
- Die Position in Grammer wurde mit gutem Gewinn im Mai veräußert, nachdem das Kursziel bei 36 Euro erreicht wurde (KGV ~12). Da in der Folge Übernahmegerüchte die Runde machten, stieg der Kurs weiter an und es wäre besser gewesen, die Aktie noch etwas im Portfolio zu belassen.
- Bei Aurelius wurde ein Teilverkauf durchgeführt, um die Position auf 5% zurückzuführen. Die Quartalszahlen waren positiv, es wurden weitere Käufe und Verkäufe gemeldet und eine Dividende von 2,45 Euro je Aktie (DR ~5%) ausgeschüttet. Die Aktie ist eine gute Halteposition.
- Zahlreiche weitere Unternehmen haben Dividenden ausgeschüttet: Amadeus Fire, Aareal Bank, AT&S, Francotyp Postalia, Grammer, Haemato, Jungheinrich, Leoni und Softing - insgesamt wurden in 2016 bisher ca. 2100 Euro gutgeschrieben (ca. 4% bezogen auf den Depotwert), was eine deutliche Steigerung gegenüber 2015 darstellt (ca. 1500 Euro). Ein Vorteil eines Wikifolios ist dabei der Fakt, dass die Dividenden brutto vereinnahmt werden, d.h. ohne Quellensteuern oder Abgeltungssteuern.
- Besonders positiv sind die Quartalszahlen von Haemato und Jungheinrich ausgefallen. Haemato berichtete in den beiden letzten Quartalen von 43 bzw. 50% Umsatzwachstum und steigenden Margen, das Unternehmen ist auf Kurs, neue Umsatz- und Ergebnis-Rekorde zu erreichen. Wie ich in meinem Artikel bereits erwähnt habe, sehe ich ein Kursziel von 6 Euro bis Ende 2016/Mitte 2017.
- Jungheinrich befindet sich ebenfalls seit längerem im Depot und profitiert von einer neuen Investitionswelle im Logistiksektor, was man an dem steigenden Auftrags-Eingang sehen kann (zuletzt +19%). Die HV beschloss einen Aktiensplitt von 1:3 und eine Anhebung der Dividende um 14% auf 1.19 Euro je Vorzugsaktie. Die guten Wachstums-aussichten sind mittlerweile sehr gut im Kurs reflektiert (KGVe ~18-20), weshalb ich nach 2 Jahren investiert sein, die Aktie auf die Watchlist für einen Verkauf setze. Der Kauf in 2014 erfolgte bei einem KGV von 12 !
- Leoni hat zuletzt desöfteren von sich reden gemacht: der Kursanstieg im letzten Monat nach dem Brexit betrug zum Beispiel über 40%. Die Zahlen zum Halbjahr (21.07.) wurden positiv aufgenommen, da die Umsatzprognose eingehalten wurde und das EBIT vor Restrukturierungskosten nahezu Vorjahreshöhe erreichte (83 Mio. Euro). Nach den vorherigen Meldungen und der Hauptversammlung gingen wohl viele Analysten und Anleger davon aus, dass die Probleme der Bordnetzsparte länger andauernd und kostspieliger sein würden. Als diese Erwartungshaltung sich als zu pessimistisch erwies, kam es zu einem Rebound des Kurses. Neben weiteren vermeldeten Aufträgen für Bordnetze (zum Beispiel von PSA Peugeot) ist sicher zuletzt die Meldung zum Abschied des Vorstandes Frank Hiller per Dezember 2016 beachtenswert, die unerwartet kommt. Ich denke die Aktie ist auf dem jetzigen Kursniveau leicht unterbewertet (KGV 2017e ~11) und sollte der Nutzfahrzeugmarkt wieder positivere Signale senden, wovon momentan niemand ausgeht, sind in 2017 deutlich positive Überraschungen möglich.
KÄUFE und WERTENTWICKLUNG
Neu ins Depot aufgenommen wurden vier Werte: Dialog Semiconductor, Neopost, Freenet und Euromicron. Auch für diese Werte gilt, dass es keine kurzfristigen Trading-Positionen sind, sondern meine Einschätzung ist, dass sie mindestens 12, besser aber 18 bis 24 Monate im Portfolio verbleiben sollten.
Auf die Neopost SA bin ich im Zusammenhang mit den Recherchen zu Francotyp Postalia gestossen und die niedrige Bewertung rechtfertigte einen Kauf. Die Quartalszahlen enthielten keine Überraschungen (leicht rückläufige Umsätze) und zuletzt wurden sowohl neue Joint Ventures (u.a. in Japan) als auch der Erwerb von kleineren Unternehmen bekanntgegeben. Der Kurs hat bisher um 16% zugelegt und das Unternehmen wird am 8.August den zweiten Teil der Dividende zahlen (0.90€ je Aktie). Damit hat sich der Wert deutlich besser geschlagen als Francotyp Postalia.
Zu den anderen Neuaufnahmen einige Stichpunkte:
- Dialog Semiconductor befand sich bereits 2014 im Wikifolio und das Unternehmen verfolge ich nach wie vor regelmäßig. Die gescheiterte Atmel-Übernahme und rückläufige Smartphone-Verkäufe haben den Kurs von seinem Hoch bei 53 Euro deutlich zurückkommen lassen. Immer noch wird vor allem auf die Entwicklung bei Apple geschaut, wenn die Aktie Thema in den Medien ist. Meiner Meinung nach sollte man aber viel mehr auf die Unternehmensqualität schauen und darauf, dass Power- und Energiemanagement zentrale Wachstumstreiber in den nächsten Jahren sein werden. Bestätigt wird das durch die zahlreichen Übernahmen im Halbleitersektor. Außerdem verfügt das Unternehmen über eine solide Bilanz. Bereinigt man die Marktkapitalisierung um die hohe vorhandene Cashposition (~600 Mio. Euro), bezahlt man derzeit nur das 8 bis 9 fache der Gewinne für die Aktie - meiner Meinung nach eine klare Unterbewertung!
- Bei der Euromicron AG handelt es sich um einen Turnaround-Wert, der derzeit unter Buchwert notiert (KBV ca. 0.6). Das Unternehmen hat zuletzt u.a. neue Aufträge vermeldet und mit der Verschiebung der HV Schlagzeilen gemacht. Eine gute Schilderung der Situation findet ihr bei boersengefluester.de unter diesem Link. Veränderungen sind zwingend erforderlich!
- Last but not least habe ich Freenet ins Wikifolio aufgenommen. Die Aktie wurde abverkauft, weil man in der Schweiz sich an der Sunrise AG beteiligte. Diese Situation - kurzfristige lösbare Probleme bzw. negatives Sentiment - sind stets Einladungen an Contrarians, sich die Aktie und das Unternehmen näher anzuschauen. Und da findet man ein sehr profitables Unternehmen, dass die Eigenkapitalquote gesteigert hat und hohe freie Cashflows verdient (Link zur Ariva-Kompaktübersicht).
Die Performance des Wikifolios seit 01.01.2016 ist immer noch negativ und liegt bei -5.4%. Der höchste Verlust trat allerdings nicht nach dem Brexit im Monat Juni auf, sondern bereits im Januar. Die Wertentwicklung im April, Mai, Juni und Juli waren -0.7%, +1.2%, -5.0%, +3.8%, so dass inklusive Dividenden Ende Juli der Kurs bei 124,75 Euro stand und nahezu unverändert zum Beginn des 2.Quartals. Gegenüber dem DAX ist damit die Wertentwicklung vergleichbar und gegenüber den beiden gewählten Benchmarks ARERO und Carmignac Patrimoine weiterhin schlechter im aktuellen Jahr. In 2015 sah das noch viel positiver aus (Link).
FAZIT
Die Wertentwicklung des Wikifolios in 2016 ist immer noch negativ, damit bin ich natürlich nicht zufrieden. Die bereits im 1.Quartal angefallenen Verluste mit Leoni, Aareal und Amadeus Fire konnten im 2.Quartal nicht aufgeholt werden. Trotzdem sehe ich keinen Grund, meine langfristig ausgerichtete Strategie in wesentlichen Punkten zu ändern. Phasen der Unter-performance habe ich auch in der Vergangenheit gemeistert, investieren ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf.
Das momentan v.a. Momentum-Aktien und Mid und Large Caps sehr gut performen, in die ich im Rahmen des Musterdepots nicht investiere, kann ich nicht ändern. Auch schließt die definierte Strategie explizit amerikanische Aktien oder Rohstoffunternehmen aus. Das Covacoro-Wikifolio soll viel mehr den Teil meiner Gesamtallokation darstellen, wo ich Expertise und Wissen aufgebaut habe und aktive Anlageentscheidungen treffe. Ich bleibe also meinem "circle of competence" treu und werden weiter dazulernen und hier berichten.
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Christian (Montag, 01 August 2016 21:35)
Mit Euromicron hast du dir aber eine heiße Kiste in dein WF gelegt. Die Sache kann auch sehr schnell in die Insolvenz abgleiten und sofern da nur jemand kreativ genug bei der Buchführung war, wird man das von außen erst erkennen, wenn es zu spät ist. Was hat dich bewogen, dieses Risiko einzugehen?
(Vor Jahren habe ich mir bei dieser Aktie selbst schon mal ein paar blaue Flecken geholt.)
Gruß Christian (stock-blog)
Covacoro (Mittwoch, 03 August 2016 19:45)
Das ist zweifellos richtig. Ich sehe einige positive Aspekte, aber auch hohe Risiken, typisch für einen Turnaround-Wert halt.