In zwei Artikeln habe ich das Unternehmen Francotyp Postalia vor einem halben Jahr vorgestellt und die Frage aufgeworfen, ob und wie das neue Management das Potenzial heben wird, das im Unternehmen steckt. Vergangene Woche wurde nun die neue Strategie vorgestellt und der CEO präsentierte diese neben den aktuellen Zahlen ebenfalls auf dem Eigenkapitalforum am 22.November in Frankfurt. Gute Gründe für ein Update!
DIE QUARTALSZAHLEN
Francotyp Postalia (FP) hat am 17.11.2016 die Q3-Zahlen berichtet. Der Umsatz stieg um 5 Prozent auf 149.4 Mio. Euro, das EBITDA um 1.4 Prozent auf 20.6 Mio. Euro und das EBIT um 2.9 Prozeent auf 8.1 Mio. Euro. Diese Zahlen belegen, dass das Unternehmen unterwegs ist, seine Prognosen einzuhalten.
Sowohl das Geschäft mit Frankiermaschinen als auch Mail Services wachsen profitabel. Ein negativer Währungseffekt von 0.7 Mio. Euro im EBITDA konnte problemlos verkraftet werden.
Wort gehalten hat das Unternehmen auch bei der Profitabilität. Die Massnahmen zur Reduktion der vormals hohen Steuerquote und zur Senkung der Finanzierungskosten zeigen Wirkung, so dass der Gewinn um knapp 25 Prozent gesteigert werden konnte.
Last but not least sank die CAPEX wie geplant und der Free Cash Flow war mit 5.2 Mio. Euro deutlich positiv. Die billanzielle Position des Unternehmens ist nach wie vor solide und die ausgeweitete Kreditlinie von 120 Mio. Euro vergrößert die Spielräume deutlich.
DIE NEUE STRATEGIE
FP hat die Bekanntgabe der Zahlen ebenfalls dazu genutzt, die zukünftige Strategie des Konzerns mit dem Namen "ACT" vorzustellen. ACT steht für Attack in Core Business, Follow the Customer und Transform the enlarged business. Der in der Kapitalmarkt-Kommunikation erfahrene CEO hat damit offensichtlich den Nerv der Investoren getroffen, denn der Aktienkurs hat einen deutlichen Sprung nach oben vollzogen:
Ich führe das vor allem darauf zurück, dass klare mittelfristige Ziele gesetzt wurden. So soll der Umsatz bis 2020 auf 250 Mio. Euro und die EBITDA-Marge auf 17% steigen. Selbst für das Jahr 2023 wurden bereits Ziele genannt: ein Umsatz von 400 Mio. Euro und eine EBITDA-Marge von 20%. Wer meine ersten beiden Artikel gelesen hat weiß, dass man damit eine ähnlich hohe Marge wie die deutlich größeren Wettbewerber Neopost bzw. Pitney Bowes erzielen würde.
Nun kann auch das Management von FP nicht beliebig weit in die Zukunft schauen und es ist zu hinterfragen, wie realistisch dieser skizzierte Ausblick ist. Er bedeutet, dass der Umsatz jährlich mit mindestens 10 Prozent wachsen soll und neben dadurch erzielbaren Skalen-Effekten müssen die zukünftigen Investitionen sehr profitabel sein, sonst würden die Margen nämlich leiden.
Werfen wir also daher einen genaueren Blick auf die ACT-Strategie: anhand der unter diesem Link vorliegenden Unternehmenspräsentation, anhand der Aussagen des CEO auf dem Eigenkapitalforum in Frankfurt am 22.November und anhand der Antworten von Investor Relations, Frau Prüser, auf meine Fragen.
DIE ACT-STRATEGIE
FP ging vor ziemlich genau 10 Jahren an die Börse (30.11.2006) und erzielte im Gesamtjahr 2007 damals einen Umsatz von 145 Mio. Euro. Bis 2015 wuchs er lediglich auf 191 Mio. Euro und in vielen Jahren wurden außerdem Verluste geschrieben. Will man nun profitabel wachsen, muss das Unternehmen effizienter und agiler werden. Das betont der CEO auch bei jeder Gelegenheit.
ACT hat zum Ziel, sowohl die Kundenbasis deutlich auszuweiten, als auch neue Produkte einzuführen. Damit soll es gelingen, sowohl den Umsatz auszuweiten, als auch höhere Margen zu erzielen sowie einen starken Cashflow und attraktive Dividende auszuweisen.
In den vergangenen Monaten wurden verschiedene Möglichkeiten und strategische Projekte diskutiert. Insgesamt sechs Aktivitäten haben dabei das Rennen gemacht und wurden in ACT aufgenommen: FP Portal, FP Sign, Cost efficient meter, Parcel, Business Process Outsourcing und FP Finance.
Das Management will dabei explizit den Schwerpunkt auf kleine und mittlere Unternehmen legen, von denen es laut IR in Europa rund 3.6 Mio gibt und wo der Markt noch um 5 bis 6 Prozent jährlich wächst. Da man bereits schwerpunktmäßig Frankiermaschinen für niedrige Volumina herstellt und es sogar Tendenzen gibt, dass generell eine Downshift zu kleineren Maschinen stattfindet, sieht man sich hier ideal positioniert.
Die Projekte FP Portal, Parcel und Cost efficient meter bauen aus meiner Sicht Bekanntes aus und entwickeln es weiter. FP Portal soll zum Beispiel eine Web Service sein, der einen Zusatznutzen für den Kunden generiert - bequem, effizient, digital. Bereits heute sind die verschiedenen Portogebühren je nach Versender, Sendungstyp, Gewicht und Zielort in den Maschinen hinterleg- und updatebar, über die Onlinelösung kann man nun auch verschiedene Versand-Optionen vergleich- und auswählbar machen.
Ein "cost efficient meter" hat laut FP zwei mögliche Entwicklungsszenarien. Zum einen kann es eine Frankiermaschine sein, die auf die notwendigsten Features reduziert ist, zum anderen eine, die sehr günstig zu erwerben ist. FP ist der Meinung, dass mit einer günstigen und einfachen Lösung vor allem Kleinkunden, das sogenannte A0-Segment bedient werden könnte und den Briefversand professionalisieren würden. Werbemöglichkeiten (sogenannte Werbeklischees) und maschinenlesbare, kostengünstigere Frankierung sind nur zwei Schlagworte. Weiter in die Zukunft gedacht, geht es um Added value für die Kunden von FP. Er soll sowohl mit dem Online-Angebot als auch der Frankiermaschine effizienter arbeiten und mehr Anwendungsfälle und Fragestellungen des Brief- und Paketversands bearbeiten können.
Unter dem Stichwort BPO (Business Process Outsourcing) will man die digitale Transformation der Unternehmen begleiten: sowohl die Eingangs- als auch die Ausgangspost managen, sichere digitale Kommunikation und Unterschriftslösungen anbieten. Die Tochter IAB ist im Moment im Wesentlichen im Bereich der ausgehenden Post mit Softwarelösungen aktiv. Also Daten-Übernahme und Verarbeitung zu Geschäftsbriefen, die an den Zusteller übergeben werden. Die Tochter freesort (Mail Service) arbeitet momentan als „verlängerte Werkbank“, in dem sie Briefe einsammelt und konsolidiert. Beide Gesellschaften sollen zukünftig stärker den Bereich der eingehenden Post bearbeiten, d.h. die freesort-Sortierzentren werden zu Digitalisierungs-Hubs. Die eingehende Post wird eingescannt und digital in den Workflow des Kunden eingespeist, Software von IAB und Hardware von freesort werden kombiniert und Synergien gehoben.
Wie erfolgreich FP mit diesen Ideen zukünftig sein wird, kann niemand genau abschätzen. Die Erläuterungen des CEO und der IR sind aber nachvollziehbar, die Umsetzung für FP leistbar und der Kundennutzen greifbar.
ZWISCHENFAZIT
Während des Eigenkapitalforums waren Management und IR ausgebucht, dem Vortrag des CEO wurde grosses Interesse zuteil: Francotyp Postalia ist wieder im Gespräch.
Das Handelsblatt titelte sogar Der Brief lebt! nach der Vorstellung der neuen Strategie.
Dem stimme ich zu, wie ich bereits vor einigen Monaten hier geschrieben und analysiert habe. Das Management hat nach Abwägung der Wachstumsmöglichkeiten entschieden, zunächst Stärken auszubauen und Vorhandenes zu erweitern. Der SUV bleibt also auf der Straße und in bekanntem Terrain. Auf dem Investorentag hieß das: das alte Geschäft kann auch das Neue sein.
Ob die Kompetenzen eventuell später auch für Internet of Things / Industrie 4.0 und neue Kooperationen und Produkte eingesetzt werden, bleibt derzeit offen. Die weitere Entwicklung von FP ist aber spannend und wie der Anstieg des Aktienkurses zeigt, wurden bereits einige Vorschuß-Lorbeeren darauf verteilt. Nun kommt es darauf an, ob die Resultate und Zahlen in den Folgejahren über eine positive Entwicklung berichten können.
Disclaimer: Die Daten wurden sorgfältig recherchiert und stammen von der Unternehmens-Webseite und öffentlich zugänglichen Quellen. Trotzdem stellt die Analyse lediglich die persönliche Sicht des Autors dar und kann fehlerhaft sein. Vor jeder Anlageentscheidung sollten Leser sich daher selbstständig über die besprochene Aktie informieren und eigenständig entscheiden. Der Autor weist darauf hin, dass er die im Artikel besprochene Aktie im Privatportfolio und -wikifolio hält und sie jederzeit und ohne darüber zu informieren zu- oder verkaufen könnte.
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