Nun ist der Februar bereits vorbei und ich habe es nicht ein Einziges mal geschafft, lesenswerte Artikel der vergangenen Woche vorzustellen, wie ich es in 2016 regelmäßig getan habe. Das lag erstens daran, dass zahlreiche Unternehmen ihre Quartalsberichte abgegeben haben und ich diese lieber selbst lese, als mich auf die stark verkürzten Meldungen anderer zu verlassen. Zweitens habe ich neben dem vorgestellten Buch High returns from low risk noch zwei weitere Bücher gelesen, die ich bald hier vorstellen werde.
Gerade jetzt sind wir meiner Meinung nach an einem kritischen Punkt für die weitere Entwicklung der Unternehmen, der Wirtschaft und der Börse. Daher sollte man bei den berichteten Zahlen genauer hinschauen und auch den Ausblick lesen. Die Indizes kannten im vergangenen Monat zwar nur eine Richtung: nach oben und so stieg auch mein Wikifolio auf einen neuen Höchststand. Dies ist aber gerade kein Anlass für Sorglosigkeit.
Womit wir beim Thema wären! Im Artikel mit dem langen Titel Sie müssen noch nicht aufstehen – aber vielleicht wollen Sie schon mal den Wecker stellen geht es genau darum:
obwohl die Unsicherheit über die weitere Entwicklung so hoch ist wie selten, glaubt man Google und Bloomberg, ist die Volatilität der Aktienkurse in USA auf einem sehr niedrigen Stand. Es herrscht eine gewisse Sorglosigkeit.
Das kann der Vorbote für einen bevorstehenden Stimmungsumschwung sein. Nämlich genau dann, wenn die Herde entdeckt, dass die Trump-Administration wenig bis nichts von den angekündigten wirtschaftsfreundlichen Maßnahmen in Gesetze fassen und umsetzen kann, während Janet Yellen bald beginnen dürfte, die Zinsen deutlich anzuheben.
Dann wären all die getwitterten Tiraden nichts als weißes Rauschen gewesen, wie es Georg von Wallwitz so treffend in seinem 121.Börsenblatt (!) auf den Punkt gebracht hat. Seine vier Ratschläge an Investoren sind: in Wahrscheinlichkeiten denken (sich nicht zu sicher sein), die Vergangenheit vergessen (die Dinge ändern sich gerade), die Schwarmintelligenz nutzen (nicht nur den Wirtschafts- sondern auch den Politikteil der Zeitung lesen) sowie reflektieren (eigene Vorurteile hinterfragen).
Für die Wirtschaft und Börse wird es nun interessant: überwiegen die bremsenden oder die unterstützenden Faktoren? Das Gespenst von Inflation und/oder Rezession geht jedenfalls um, während die Märkte noch die positiven Daten der Einkaufsmanager-Indizes feiern und für den baldigen Aufschwung der US-Industrie Vorschusslorbeeren verteilen.
In Europa könnte 2017 außerdem das Jahr werden, wo die Annahme "Politik kann alles", die uns den Euro gebracht hat, wie dieser Artikel im Blog Never mind the markets erzählt, widerlegt wird. Das wird zweifelsohne nicht ohne Auswirkungen auf die Märkte und Risikobereitschaft der Investoren bleiben. Die Politik wird weiter die Schlagzeilen beherrschen: Wahlen in den Niederlanden, später in Frankreich, der Start des Brexit-Prozesses mit Großbritannien und schließlich die Bundestagswahl in Deutschland. Entscheidend ist aber, was hinten rauskommt!
Was passiert Substanzielles in der Wirtschaft, im Welthandel und in den Unternehmen? Das sollten wir nicht vergessen und uns nicht ablenken lassen.
Welche Schlußfolgerungen und Konsequenzen zieht man aus dem Gelesenen und wie handelt man in der derzeitigen Situation? Sollte man sich dem Trend und der Herde bereits entgegen stellen, weil es ja "nicht mehr lange gut gehen kann"? Oder ist es besser, prognosefrei, erst auf eindeutige Signale zu warten, ob das Pendel zum Positiven oder Negativen ausschlagen wird? Für beide Standpunkte gibt es Anhänger und schlaue Gedanken.
Joachim Goldberg schildert in seinem Artikel Nicht immer zahlt sich dagegenhalten aus das ein wahrer Contrarian in Trendphasen auch mit dem Trend gehen kann, sofern sich gleichzeitig die Stimmung eher gegenläufig zum Trend entwickelt. Für Deutschland scheint das momentan der Fall zu sein (hohe Skepsis bei steigenden Kursen).
Daniel Stelter meint in seiner Kolumne vor 14 Tagen den Kontraindikator schlechthin bereits entdeckt zu haben: die Bildzeitung warnt vor Inflation. Er sah ebenfalls Risiken überall und war der Meinung, dass es nicht mehr lange gut gehen kann. Seine Ratschlag daher: rebalancieren, das heißt gut gelaufene Assets verkaufen und schlecht gelaufene Assets nachkaufen oder mehr Liquidität aufbauen.
Vielleicht war es dann ja nicht verkehrt, im Februar einige Verkäufe im Portfolio ausgeführt zu haben und seit langer Zeit erstmals wieder eine Unternehmensanleihe gekauft zu haben, die ich bis zur Fälligkeit in 2021 halten werde. Gespannte Aufmerksamkeit mit der Ermahnung zur Ruhe beschreibt meine Stimmungslage daher momentan am besten.
Interessante Lektüre und erfolgreiche Entscheidungen wünscht
Covacoro
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