The same procedure as every year, James

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Anfang 2013 habe ich mich auf der Seite Sharewise.de angemeldet, vor allem um meine Aktienkäufe und -verkäufe komfortabel tracken zu können und die Depotfunktionen zu nutzen.

 

Es ergaben sich viele Kontakte, man hat über Aktien diskutiert und das Ranglistendepot wurde automatisch und unbestechlich inklusive Transaktionskosten geführt.

 

Soweit so gut.

 

Die integrierte Rangliste schloss zum Beispiel Pennystocks aus, ermittelte automatisch die Unter- oder Outperformance im Vergleich zu einem Index, woraus ein "Skill" errechnet wurde und die Webseite schien auf einem guten Weg, mit hilfreichen Funktionen und Statistiken diejenigen Anleger zu unterstützen, die ihren Investmentprozess verbessern wollten.

 

Zwei Jahre später kam das erste größere Update und Sharewise wurde noch bunter. Aber die Bedienung nicht unbedingt besser und einige geliebte Features blieben auch auf der Strecke, wie zum Beispiel der Depotvergleich zwischen Sharewise-Nutzern. Dafür konnte man sich einen Ticker und Stream einrichten sowie News und Aktualität nahmen einen größeren Raum ein. Der neue Eigentümer (Minkabu) führte auch gleich seinen Aktien-Algorithmus mit ein und Reuters-Finanzdaten. Aber trotz oder wegen all dieser Neuerungen: das Handling der Empfehlungen, der Depots und eine systematische Auswertung standen nicht mehr so im Fokus und so gibt es seit 2015 diesen Blog und mein Performance-Tracking zog um: Heute nutze ich weitestgehend das Programm Portfolio-Performance für mein Wikifolio und Depot.

 

Getreu dem Motto "The same procedure as every year, James" steht nun wieder ein Update an und es wird die gute alte Rangliste betreffen. Sie wird abgeschaltet und durch eine neue Version ersetzt. Um die Outperformance gegen Indizes geht es nicht mehr, nackte Rendite-Zahlen sollen für sich sprechen und die starren Regeln zu Kauf/Verkauf usw. sind passe'. Leider aber auch die Historie der bereits angemeldeten Nutzer. Also habe ich heute die Depot- und Orderdaten gerettet und auf 4 Jahre zurückgeschaut. Was mir dabei aufgefallen ist, darum geht es im folgenden Artikel!

 


4 Jahre im RÜCKBLICK

 

Das Depot startete am 25.01.2013 mit virtuellen 100.000 Euro und natürlich schaut man zuerst, was daraus geworden ist und wie im Vergleich dazu zum Beispiel der DAX abgeschnitten hat. Doch hier lauern auch schon die ersten Fallstricke. Während man bei Investmentfonds und im Internet oftmals die Renditen der einzelnen Kalenderjahre findet, gibt es diese Zahlen bei Sharewise so nicht. Man kann sie aber per Depotwert-Export recht schnell berechnen (siehe nachfolgende Excel-Tabelle). Außerdem gibt es natürlich eine Aufstellung der derzeit enthaltenen Positionen und des aktuellen Gesamtwertes.

 

Ranglistendepot - aktueller Wert per 23.03.2017
Ranglistendepot - aktueller Wert per 23.03.2017
Ranglistendepot: Positionen
Ranglistendepot: Positionen
Depot- und DAX-Entwicklung in 2013, 2014, 2015, 2016 sowie 2017 bis 23.03.
Depot- und DAX-Entwicklung in 2013, 2014, 2015, 2016 sowie 2017 bis 23.03.

 

Im Depot sind derzeit 10 Positionen, 7 davon im Plus, 3 im Minus. Die Jahresrendite lag in 2 Jahren hinter der des DAX zurück, in 2 Jahren wurde der Index übertroffen und in 2017 bisher ebenfalls. Soweit so normal.

 

Nun sollte man nicht den Fehler machen, daraus bereits zu schlussfolgern, dass die Strategie nichts taugt. Der Vergleich auf Jahresbasis (oder beliebiger anderer Stichtage) ist immer gefährlich. Gerade ETF-Anleger, die aus dem Mantra "kein aktiver Anleger kann Jahr für Jahr den Index schlagen" folgern, dass man als aktiver Anleger nur schlechter abschneiden kann, machen diesen Denkfehler. Denn betrachtet man die Gesamtperformance, sieht die Statistik schon besser aus und der Depotchart spricht eine deutliche Sprache.

 

Gesamt-Entwicklung nach 1, 2, 3 und 4 Jahren, sowie aktuell
Gesamt-Entwicklung nach 1, 2, 3 und 4 Jahren, sowie aktuell
Depotchart im Vergleich zum DAX
Depotchart im Vergleich zum DAX

 

Obwohl das Depot stets investiert war und mit durchschnittlich 10 Werten als konzentriert statt breit diversifiziert gelten kann, hat es sehr gut abgeschnitten. Der maximale Drawdown lag bei 15 Prozent (DAX >25%) und selbst die 1-Jahres-Volatilität (14,7%) ist geringer als die des Index.

Damit kann man zufrieden sein.

 

Nun kann man noch die Frage stellen, ob der DAX hier wirklich geeignet ist als Benchmark. Meine Einschätzung: eher nein. Denn ich investiere ja eher in mittlere und kleine Werte, wie es auch in meiner Strategie zum Wikifolio beschrieben ist. Glücklicherweise hat Sharewise dazu einen Chart und einen sogenannten Marktvergleich (Achtung: hier sind die Daten jeweils vom heutigen Tag rückwärts berechnet, also nicht die Jahresrenditen, sondern Zeiträume), die etwas Licht ins Dunkel bringen.

 

Ranglistendepot: vertretene Market Cap und Vergleich zu verschiedenen Indizes
Ranglistendepot: vertretene Market Cap und Vergleich zu verschiedenen Indizes

 

Wie man der Tabelle entnehmen kann, schneidet das Depot auch gegen den TecDAX und SDAX ansprechend ab. Da ich keine US-Werte halte, ist ein Vergleich zu den internationalen Indizes möglich aber unsinnig. In 1 Jahr wissen wir dann auch, wie die 5-Jahres-Bilanz aussieht.

 


HILFREICHE STATISTIKEN

 

Sharewise bietet für die Depots aus meiner Sicht zwei sinnvolle und nützliche Statistiken an. Einerseits gibt es eine Tabelle, die die fundamentalen Kennzahlen für alle enthaltenen Positionen zeigt. Hier wäre sicher viel mehr möglich, aber die Daten sind ein Anfang und kommen von Thomson Reuters. So kann ich auf einen Blick prüfen, wo das derzeitige und erwartetete KGV und KUV liegen und welche Werte zum Beispiel durch einen Kursanstieg zu teuer geworden sind.

 

Ranglistendepot: Fundamentalkennzahlen - Übersicht
Ranglistendepot: Fundamentalkennzahlen - Übersicht

 

Die zweite Statistik wertet aus, wie erfolgreich die Trades (genannt: Einschätzungen) für das Ranglistendepot waren und man sieht sowohl die mittlere Haltedauer als auch die Trefferrate der aktiven und beendeten Einschätzungen. Damit bekommt der Anleger eine Rückmeldung, die er kritisch würdigen sollte.

 

 

Last but not least, wurde hier bisher die Skill berechnet, mit der man in die Gesamtrangliste eingeordnet wird. Derzeit steht hier für mich der Wert 5.39 zu Buche und leider findet man auf der gesamten Sharewise-Seite keine genaue Definition mehr. Soweit ich mich erinnere, werden die Renditen des Investors im Vergleich zu einem Index der letzten 60 Perioden aufsummiert und je höher der Skill-Wert ist, desto stärker war die Outperformance.

 

Dabei gehen Vergangenheitswerte je weiter zurückliegend desto schwächer ein. Leider hat das erste Update auch die Funktion verschluckt, den Trend des eigenen Skillwerts über die Laufzeit des Depots anzuzeigen. Obwohl eigentlich jeder Investor gerne wissen will, ob es Glück oder Können ist, was seine Rendite treibt, wie stark dies schwankt oder ob es nachhaltig ist und er sich über die Jahre im Mittel verbessern kann.

 

Neben der skillbasierten Rangliste werden schon heute zusätzliche Ranglisten berechnet. Wie stark sie Beachtung finden, kann ich nicht einschätzen. Zum Beispiel eine Best of 3 genannte Liste, die den Depotwert und die mittelfristigen Renditen berücksichtigt oder eine Liste, die anzeigt, wieviele Tage man in den Top 100 Rängen platziert war. Ob die neu angekündigte Rangliste wirklich Mehrwert bringen kann, wird sich zeigen. Eigentlich benötigen aktive Anleger aber nicht noch mehr Ranglisten. Wichtiger wäre es, die Fehler im Investmentprozess zu dokumentieren und sichtbar zu machen (von Analyse über Kauf bis Verkauf), um daraus lernen zu können.

 


FAZIT

Das bevorstehende Update von Sharewise, welches die bestehende Rangliste einstellen wird, triggerte eine kurze Analyse der Rendite-Kennzahlen meines dort seit 4 Jahren geführten Depots und einen Blick auf die bereitgestellten Statistiken.

 

 

 

Die wesentlichen Erkenntnisse daraus lauten:

  1. Die Renditen auf Jahressicht oder für gewisse Zeiträume geben keinerlei Auskunft,
    wie erfolgreich das Depot über den Gesamtzeitraum war. Trotzdem sollte man regelmäßig Rückschau halten.
  2. Den Index in jeder Periode zu schlagen ist unmöglich, auf lange Sicht dagegen, ist es machbar. Vor allem wenn man lernt, Verluste zu begrenzen.
  3. Man sollte neben der Rendite weitere Kennzahlen heranziehen, um das Risiko der Strategie zu bewerten (Beispiele: maximaler Drawdown, Volatilität) und nichts unversucht lassen, Skill und Luck zu messen (Beispiele: Trefferrate, Profitfaktor, relative Rendite zu anderen Depots und Indizes).

Und last but not least: Sowohl Depot als auch Dokumentation von Analyse und Trades sollte man mittels Software lokal, in einer eigenen Datei oder auf einer eigenen Webseite vornehmen und nicht die Dienste von Drittanbietern nutzen. Deren Entwicklung und Updates können immer wieder zu unliebsamen Überraschungen für langfristige Investoren führen.

 

 

Viel Erfolg beim Investieren wünscht

Covacoro

 

Bildquellen: Pixabay, Sharewise

 


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Kommentare: 2
  • #1

    wirtschaftswaise (Sonntag, 02 April 2017 16:21)

    Hallo!

    Danke für diesen ausführlichen Artikel. Ich habe mich auch mal dort angemeldet. Zunächst wird man schon etwas erschlagen, auch weil die Oberfläche sehr bunt und bewegt ist.

    Alles was mit Depots zu tun hat, verwirrt mich dort aber etwas.

    Zunächst mal: ich habe 3 Aktien eingeschätzt und dadurch ist offenbar sofort ein sog. "Ranglistendepot" entstanden. Dort gibt es sogar "Stückzahlen", obwohl ich nie irgendwelche Stückzahlen eingegeben habe.

    Dann wollte ich tatsächlich ein eigenes Depot anlegen. Jetzt wurde es ganz verwirrend. Ich dachte, ich könnte dort virtuell mein echtes Depot nachbilden (ähnlich wie bei Portfolio Performance) und es dann quasi spielerisch mit den anderen Depots vergleichen.
    ABER: ich kann (wenn ich nichts übersehen habe) das Depot nicht 'historisch' anlegen. D.h. ich kann nicht eingeben, dass ich z.B. Berkshire zu einem bestimmten Datum zu einem bestimmten Kurs und mit einer bestimmten Stückzahl gekauft habe.
    Und das wichtigste: ist das ein echtes Depot!? Da ich nicht weitergeklickt habe, bin ich mir nicht sicher, ob da echte Käufe stattfinden sollen, oder ob alles virtuell ist. Das virtuelle Depot würde aber wie gesagt nur Sinn machen, wenn ich es 'historisch' nachbauen könnte.
    Vielleicht kannst du mir in meiner Verwirrung helfen...

  • #2

    Covacoro (Montag, 03 April 2017 21:15)

    Hallo wirtschaftswaise,

    ja, ich kann hoffentlich helfen. Beim (alten) Ranglistendepot ist es in der Tat so, dass Sharewise die Stückzahl bestimmt. Damit soll vermieden werden, dass jemand nur 1 Aktie mit maximaler Gewichtung in sein Depot kauft und so versucht, die maximale Rendite zu erzielen. Also werden zunächst die 10 ersten Einschätzungen gleichgewichtet ins Depot aufgenommen. Danach wird bei weiteren Kauf- oder Verkaufsempfehlungen entsprechend rebalanciert, vollkommen automatisch. Darauf hat man gar keinen Einfluss mehr. In dieses alte Ranglistendepot wanderten außerdem nur solche Aktien, die einen gewissen Mindestumsatz an der jeweiligen Börse hatten (und damit auch von der Marktkapitalisierung nicht zu klein waren).

    Wenn Du Dir ein eigenes Depot anlegst, so hast Du diese Beschränkung nicht und kannst die Stückzahl festlegen. Alles was Du auf Sharewise eingibst, ist natürlich nur virtuell, egal ob Kauf oder Verkauf. Den Startkurs oder historische Trades kann man nicht einpflegen - sicher ein Manko. Die Order können limitiert werden und werden nur ausgeführt, wenn es einen Umsatz am ausgewählten Börsenplatz gibt. Um "Sell" Einschätzungen zu ermöglichen, kann man allerdings Aktien leerverkaufen. Dann profitiert man von fallenden Kursen 1:1. Ich hoffe, das klärt deine Fragen.
    Covacoro