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Rückspiegel 06/17

Rapsfeld mit Gewitterwolken, Quelle: pixabay.com

Sommerliche Temperaturen, steigende Kurse an den Börsen weltweit: daran könnte man sich gewöhnen.

 

Und in der Tat sind ja Unsicherheiten weggefallen, die die News beherrschten und die Entwicklung belastet haben, zum Beispiel die Wahlausgänge in Frankreich und Großbritannien.

 

Trotzdem zeigen sich für den aufmerksamen Beobachter weitere Gewitterwolken am Horizont und da sie mit Wirtschaftsfragen und den Unternehmen selbst zu tun haben, sind sie ernster zu nehmen als die politischen Unwägbarkeiten. Im folgenden Artikel stelle ich einige Punkte kurz vor.

 


Der erste lesenswerte Beitrag kommt von Never mind the markets und trägt den Titel Der Bondmarkt vertraut Trump nicht mehr. Der Autor, Mark Dittli, war sich offenbar lange nicht schlüssig, wie er den Beitrag überschreiben sollte - die URL des Artikels lautet jedenfalls noch "Ein ominöses Signal in den USA".

 

Hier geht es weder um die Zinserhöhung der FED noch um die zuletzt guten BIP- oder Arbeitsmarktzahlen. Diese Fakten liegen auf dem Tisch und sind wenig ominös. Sondern es geht darum, welche Entwicklung auf dem Markt für US-Staatsanleihen derzeit sichtbar wird.

 

Lag der Renditespread zwischen zwei- und zehnjährigen Anleihen Mitte Dezember, also kurz nach der Wahl Trumps, bei 1,3 Prozent, liegt er aktuell nur noch bei 0,8 Prozent. Diese Entwicklung kam durch einen Verfall der Rendite für langlaufende Anleihen zustande und die Zinskurve wird somit immer flacher. Das Signal am Bondmarkt bedeutet aus historischer Erfahrung, dass mit einer Abkühlung der Wirtschaft und vielleicht sogar einer Rezession gerechnet wird!

 

Vermutung oder bereits Realität? Läuft die Wirtschaft in USA noch rund oder findet man bei genauem Hinsehen Probleme? Mack&Weise registrieren im Marktkommentar von Anfang Juni deutliche Bremsspuren auf dem Markt für PKWs und Trucks, sowie im Einzelhandel. Außerdem kritisieren sie die hohe Verschuldung der Unternehmen. Nun sind das keine neuen Fakten und die beiden Vermögensverwalter seit langer Zeit auf der Seite der Mahner. Daher empfehle ich, besonders das Verbrauchervertrauen in USA im weiteren Verlauf 2017 genau im Auge zu behalten. Man findet es zum Beispiel auf dieser Seite.

 

Womit wir in unserer Analyse logischerweise beim Trend der Einkommen und Kredite ankommen, denn diese treiben ja die ökonomische Maschine laut Ray Dalio an. (Sein sehenswertes Video mit diesem Titel war an dieser Stelle bereits Thema, es ist am Ende des Artikels erneut verlinkt.)

 

Wie sieht hier die Entwicklung aus? Leider auch nicht positiv. Die UBS berichtete bereits im Februar und erneut im Juni, dass der sogenannte Kreditimpuls, das heißt die Änderungsrate der Kredite, einen Trendwechsel zeigt, und zwar global nach unten zeigt. Sowohl in den USA als auch in China ist diese Entwicklung deutlich. Historisch korreliert eine verlangsamte Kreditaufnahme durch Konsumenten und Industrie sehr gut mit einer späteren Verlangsamung der Wirtschaft - man kann nur nicht genau sagen, ob dies bereits kurzfristig (in 3 bis 6 Monaten) oder erst mittelfristig (in 9 bis 12 Monaten) durchschlägt. Daher wurde die UBS-Veröffentlichung auch von vielen Kommentatoren aufgegriffen (beispielsweise: hier und hier).

 

Nach Lesen dieser Zeilen und der entsprechenden Artikel könnte man jetzt sehr pessimistisch sein, was die Entwicklung der Wirtschaft und Börsen im zweiten Halbjahr 2017 angeht. Daher zwei Anmerkungen von mir: einerseits kann noch niemand sagen, ob sich die Gewitterwolken vielleicht wieder verziehen werden, oder ob es wirklich Blitz und Donner geben wird. Und andererseits sind Gewitter bereinigend und finden meist zwischen zwei Schönwetterphasen statt. Man sollte also den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern aufmerksam und optimistisch bleiben!

 

Die schönste Bestätigung und der wertvollste Ansporn, die Do-It-Yourself Anleger in diesen Zeiten erhalten können, kam übrigens von einem Fondsmanager: Dr. Georg von Wallwitz. In seinem Börsenblatt 124 hat er in klarer Sprache formuliert, was man nicht tun sollte. Volle Zustimmung!

  • Wir machen kein Market-Timing
  • Wir bilden keinen Index nach
  • Wir sind keine Trader, halten unsere Positionen für lange Zeit
  • Wir setzen Derivate so selten wie möglich ein
  • Wir spekulieren nicht (verlassen uns nicht auf die „Greater Fool Theory“)

 Dem kann ich nur einen Satz hinzufügen:

  • Wir versuchen nicht perfekt zu sein

Denn wer erkannt hat, dass exzellente Investoren sich dadurch auszeichnen, skeptisch den eigenen Prognosen gegenüber zu sein und aus ihren Fehlern zu lernen, ist auf gutem Wege.

 

Gute Entscheidungen wünscht

Covacoro


WEITERLESEN


How The Economic Machine Works, Ray Dalio via Youtube

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Prof (Sonntag, 18 Juni 2017 21:09)

    Nun ja, mit 5 mal: "Wir machen nicht" ist es auch nicht getan. Natürlich weiß man, dass das Allheilmittel Stock Picking sein soll.
    Ich gebe hier aber zu bedenken, dass oft besonders gut gelaufene Einzeltitel in einem Crash auch besonders stark leiden. Schon allein, weil sie charttechnisch eher heiß gelaufen sind. Alles nicht so einfach!

  • #2

    HKMG (Sonntag, 18 Juni 2017 22:18)

    Hi, sehr lesenswerter Artikel. Danke für die Recherche. Die Änderungsrate in der Kreditaufnahme ist ein interessantes Indiz. Werde ich im Auge behalten. Danke für den Hinweis!