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Rückspiegel 06/19

Ist es Zeit dem Markt den Rücken zu kehren? (Bild: Kirchentür, Quelle: pixabay.com)

Nach einmonatiger, urlaubsbedingter Pause melde ich mich zurück an der Tastatur.

 

Im heutigen Rückspiegel-Artikel möchte ich wieder drei besondere Fundstücke aus dem Web für meine Leser kommentieren.

 

Die derzeitige Börsenstimmung ist wohl mit "gewittrig" treffend beschrieben.

 

Nachdem offensichtlich wurde, dass es im Handelskonflikt zwischen USA und China keine schnelle Lösung am Verhandlungstisch geben wird, justieren sich momentan die Börsen neu. Wieviel Risiko ist jetzt richtig? Wieviel Wachstum in 2019 und später noch möglich? Was ist eine adequate Bewertung für Aktien in dieser Situation?

 

Ein Phase von wachsender Kooperation und Welthandel, die mit dem Ende des kalten Krieges begann, könnte so ihr Ende finden. Der Warmzeit folgen Gewitter, die eine Abkühlung ankündigen. Es sind Auseinandersetzungen, vordergründig geführt um Handelsbilanzen und mehr Jobs im Inland, mittels schwarzer Listen, mittels Zöllen und Twitter-Propaganda. Aber eigentlich geht es um Hegemonie und die Bewahrung des Status Quo.

 

Und so wird das, was getan werden muss, aufgeschoben und tritt zurück hinter einem neuen kalten Krieg. Es ist en vogue, globale Probleme zu leugnen, sich abzuschotten und egoistisch zu sein.

 

Dabei lehrt uns die Geschichte, dass dies genau die falschen Antworten in einer solchen Krise sind. Und die Spatzen, sofern sie nicht vergiftet sind, pfeifen es von den Dächern und die Schüler schreiben es auf ihre Transparente: Die Welt muss nachhaltig und gerechter werden! Und das geht nur Schritt um Schritt und kennt keine Grenzen.  

 

 


Finanzmärkte im Fokus

 

Ein lesenswerter, ausführlicher Artikel beschäftigt sich in der New York Times mit den Anleihen- (Bond-) Märkten in den USA. 

 

The Bond Market is trying to tell us something

 

Die Autoren berichten Ende Mai, dass die Renditen überall sinken, was ein Zeichen für die Flucht in "Sicherheit" sein kann und illustrieren das mit Zinskurven für die USA, UK, Japan, Australien und Deutschland. Außerdem fallen die Inflationserwartungen und langfristige Bonds rentieren niedriger als kurzfristige Bonds. Eine Senkung der Zinsen durch die FED wird mittlerweile bereits für 2019 erwartet und schlechte ökonomische Daten befeuern diese Spekulation und sind so plötzlich "gut" für die Kurse. Sind es die Aktien-Investoren oder die Bond-Käufer, die diesmal rational handeln?

 

Eine weitere Empfehlung ist das Börsenblatt 136 von Georg von Wallwitz. Er analysiert gewohnt sachlich die Eskalation im Handelsstreit und fragt: 

 

Und wer sind die Opfer des Handelskonflikts zwischen den USA und China?

 

Seine wichtigsten Gedanken: Die USA können dieser Auseinandersetzung auf wirtschaftlicher Ebene recht gelassen entgegensehen, China nicht viel gegen die USA unternehmen. Es ist aber gewillt, eine "Durststrecke" zu überstehen und wird nicht klein beigeben. Wer also sind dann die Opfer des Konflikts? Es sind die offenen Volkswirtschaften Europas und der Schwellenländer, die am stärksten gefährdet sind. Wallwitz geht davon aus, dass sich die Auseinandersetzung bis Herbst 2020 weiter verschärfen wird und rät dazu, sein Pulver trocken zu halten.

 


Geschichte im Fokus

 

Last but not least möchte ich auf den Artikel

 

Five Lessons from History

 

hinweisen. Morgan Housel gelingt es, historische Ereignisse und die handelnden Menschen plastisch zu beschreiben. Mit überraschenden Wendungen erzeugt er einen Aha-Effekt beim Leser.

 

Sein Long Read über 5 Seiten tangiert Themen aus Wirtschaft und Politik. Es geht zum Beispiel darum zu verstehen, warum Menschen ihre Ansichten  und Überzeugungen ändern, ja nahezu invertieren können. Oder darum, wie Dinge, die eigentlich "unsustainable" sind, über lange Zeit weitergehen und sich verselbständigen können. Sehr lesens- und bedenkenswert!

 

 

 Mindsets are harder to repair
than buildings and cash flows.

 

Morgan Housel

 

 

Covacoro

(c) 2019

 

 


 

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Kommentare: 1
  • #1

    Prof (Samstag, 15 Juni 2019 12:20)

    Die Frage ist, wie viel das Nervengift der permanenten Zinssenkungen noch bewirken kann. In Japan half es irgendwann einmal nicht mehr, aber man könnte die Dosis vielleicht noch erhöhen, z.B. durch Negativzinsen auf Bargeld.

    In Deutschland kommen noch die hausgemachten Probleme hinzu und eine nach der anderen Branchen kippt weg: Versorger, Autos, Bayer mit Glyphosat, Immobilien. Dafür fehlen Global Player bei IT und Software. Mal abgesehen von SAP und den zweifelhaften Wirecard.