Anfang Mai erschien der Artikel 15 Jahre sind erst der Anfang hier im Blog.
Er fand bisher schon 3000 Leser und führte auch hinter den Kulissen zu zahlreichen Emails und Feedback über das Kontakt-Formular der Seite.
Immer wieder taucht dabei die Frage auf, was ich denn als den Schlüssel oder den Hauptgrund ansehe, dass die erzielten Ergebnisse so positiv ausgefallen sind?
Die zweite Frage, die die Leser sehr bewegt ist, wieviel Aufwand eine aktive Anlage-Strategie macht und ob sich das wirklich lohnt?
Und last but not least, gab es häufig Nachfragen zur Wahl der Benchmark, zu den Tabellen und Auswertungen mit dem Programm Portfolio Performance.
In den kommenden Wochen werde ich auf diese 3 Themen-Kreise näher eingehen. Ganz ohne Zahlen geht es dabei nicht. Aber ich versuche, ohne Monster-Tabellen mit 6 Spalten und 16 Zeilen auszukommen.
Versprochen!
Der wichtigste Schlüssel
Die Frage, was der Schlüssel war, ist wirklich knifflig.
Ich könnte es mir einfach machen und sagen: Es haben viele kleine Dinge beigetragen und daher kann und will ich keinen Hauptgrund benennen. So ist das halt. Schließlich werden ganze Bücher über richtiges und falsches Investieren geschrieben. Selbst Wissenschaftler, die routinemäßig die Faktoren analysieren, warum ein bestimmtes Portfolio wie abgeschnitten hat, müssen ab und zu passen mit einer restlosen Erklärung.
Aber so leicht und auch so mathematisch kompliziert, will ich es mir mit dieser Frage nicht machen! Ich weiß, nicht alles ist quantifizierbar und verstehe auch die Richtung, aus der die Frage kommt. Wäre es zu Beginn eines Anlegerlebens nicht genial zu wissen, wovon das Endergebnis am meisten abhängt? Ganz ohne Mathematik und Finanzchinesisch?
Die Frage ist aus diesem Blickwinkel also berechtigt. Und auch die Zuspitzung der Frage auf einen Punkt ist verständlich. Wer die Frage so stellt, will eine kurze Antwort und dass der Gefragte eine klare Priorität ausspricht.
Bevor ich mich also durchringe und die Frage beantworte, zunächst ein paar Möglichkeiten, die einem in den Sinn kommen könnten.
Zur Erinnerung hier auch die wesentlichen Zahlen aus dem Artikel: Rendite des Gesamtportfolios nach Kosten im Zeitraum 2004 bis 2018 (15 Jahre): vor Steuern 9.2%
p.a., nach Steuern 7.8% p.a.. Durchschnittliche Asset Allocation 60% Eigenkaptial (Aktien, Indexfonds, Immobilienwerte), 30% Fremdkapital (Unternehmens-Anleihen) sowie 10% Liquidität,
Schwankungs-Breite des Portfolios in etwa halb so hoch wie die des DAX. Eckpfeiler der Investment-Strategie: Value, Small
Caps, Contrarian. Kosten-Belastung (Transaktionen, Gebühren): < 0.1% p.a., Portfolio-Turnover: <= 12% p.a.
Weit vorn als mögliche Antwort steht die Asset Allocation, also der Mix aus risikobehafteten und risikoloseren Anlageklassen. Ist es sie allein, die das Endergebnis dominiert?
Klingt plausibel, weil Renditen höher für bestimmte, riskantere Anlageklassen ausfallen. Je höher zum Beispiel die Aktienquote, desto höher sollte der Portfolio-Return sein. Aber eben auch das eingegangene Risiko, was man daran sieht, dass zwei Anleger aus der gleichen oder ähnlichen Asset Allocation (im Zeitverlauf und im Mittel) sehr unterschiedliche Vermögens-endwerte erzielen.
Kommt es also stärker auf die Umsetzung an? Letztendlich stehen hinter jeder Assetklasse bestimmte Einzelwerte und das Portfolio erfordert regelmäßig Entscheidungen. Kann man da so viele Fehler machen, die über Wohl und Wehe des Ergebnisses entscheiden? Und trifft das auf alle Anleger zu?
Ich denke, hier nähern wir uns der Krux schon deutlich, denn mittlerweile gibt es zahlreiche Untersuchungen, die zeigen dass das Behavior Gap, also der Unterschied zwischen dem Return des Investments und dem Return des Investors sehr groß ausfallen kann.
Das hat Carl Richards einmal so dargestellt und in seinem hervorragenden, gleichnamigen Buch* analysiert, welches ich zuletzt im März 2018 gelesen und vorgestellt habe.
Wie hoch fällt dieser Unterschied aus?
Schauen wir zuerst auf Investoren, die in Einzelwerte investieren oder in aktive Investment-Fonds. Ihre Renditen fallen um -1.2% bis -4.3% geringer aus als das jeweilige Buy & Hold Portfolio, wie die untenstehende Grafik von Betterment zeigt, wo gleich 7 Studien zusammengetragen sind.
Aber auch Investoren in Indexfonds bzw. ETF sind nicht gefeit vor dem Problem, durch ungünstige Kauf- und Verkaufs-Entscheidungen deutlich an Rendite einzubüßen. In einem Artikel von Robeco findet sich das Gap von -2.7% (siehe Grafik) und in der hier auf dem Blog ausführlicher vorgestellten Studie von Bhattacharya, Loos, Meyer & Hackethal (2017) findet sich ein Gap von -0.8% bis -1.2%.
Halten wir also fest: Unabhängig wie das Vermögen allokiert und angelegt wird, ist der Anleger selbst sein ärgster Feind, wie es Benjamin Graham bereits vor mehr als 50 Jahren formulierte.
Daher kann der wichtigste Schlüssel zum Erfolg beim Investieren nur etwas sein, was den Investor selbst betrifft und nicht ein gewähltes Produkt, eine bestimmte Strategie, ersparte Kosten oder irgendeine Sache, die nicht ihn selbst betrifft.
Was ist deshalb aus meiner Sicht der wichtigste Schlüssel für den bisherigen Erfolg?
In einem altmodischen Wort: Selbstdisziplin.
Den eigenen Willen, die eigenen Gefühle zu beherrschen, um etwas zu erreichen und bereit zu sein, sich immer wieder anzustrengen.
ZWISCHENFazit
Sind wir nun bei einer Binsenweisheit angelangt, oder ist diese Erkenntnis wirklich wichtig, dass es vor allem auf Selbstdisziplin ankommt? Diese Frage, liebe Leser, müßt Ihr Euch selbst beantworten und entsprechend handeln.
Denn wie schrieb ein schlauer Kommentator hier sehr richtig: "Das Problem mit Weisheit ist auch darin begründet, dass für jede "tiefe Wahrheit" auch das genaue Gegenteil gilt."
Insofern lest gerne noch den Artikel Erfolgreich investieren - drei unbequeme Ratschläge und vor allen Dingen die Kommentare dazu.
Im nächsten Artikel dieser kleinen Reihe stelle ich mir die Frage, wie man sein Behavior Gap vielleicht messen kann und auch, ob der ganze Aufwand sich denn lohnt. Wenn Du den Artikel nicht verpassen willst, kannst Du gerne den Newsletter abonnieren.
Eine schöne Woche wünscht,
Covacoro
(c) 2019 Covacoro
In den meisten Diskussionen scheinen die Leute zu versuchen, sich gegenseitig von etwas zu überzeugen;
was sie jedoch bestenfalls erwarten dürfen, sind neue Argumente, um sich selbst zu überzeugen.
Nassim Nicolas Taleb
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