Heute möchte ich 2 Postings hier teilen, die ich zuletzt auf der entsprechenden Webseite zum Wikifolio veröffentlicht habe.
Einerseits die Auswertung zum Halbjahr, anderseits eine Einschätzung zur Lage.
Wie immer unter dem Motto "Eigene Meinung statt Herdentrieb" ohne Anspruch auf hellseherische Fähigkeiten.
Auswertung des 1. Halbjahr 2022
Posting vom 03.07.2022
Wertentwicklung in den ersten 6 Monaten
Covacoro-Wikifolio -18.0%, DAX -19.3%, S&P500 -20.6%, SDAX -27.3%; NASDAQ Comp. -29.5%
Absolut wenig erfreulich, relativ hat sich das Portfolio wacker gehalten!
Verkäufe:
Derichbourg => Zukauf zu teuer und ohne Synergien
(Frequentis, Bilfinger Teilverkäufe zwecks Rebalancierung)
Käufe:
Siltronic => zu früh gekauft, Aktie ist sehr billig nach geplatzter Übernahmeofferte
(Wacker Neuson, Helma, BE Semi, Nabaltec Rebalancierung mittels Zukäufen)
Gewinner
AT&S +15%, Bilfinger +14%, Frequentis +13%
Verlierer
Helma -39%, BE Semi -37%, Einhell -36%
Bestandspositionen: 17
Cashquote: 15%
Jede Baisse ist schmerzhaft und deren Dauer nicht abschätzbar. Trotzdem erreichen die Börsen irgendwann wieder den alten Hochpunkt und übertreffen ihn. Manchmal dauert es nur 6 Monate
(Corona), manchmal dauert es 18 Monate, manchmal auch 2 oder 3 Jahre.
Das Wikifolio ist jetzt um ca. 20% vom Höchstkurs im Bereich 170 Euro zurückgekommen. Es muss also um 24% steigen, um den alten Hochpunkt zu erreichen. Schafft es das in 2 Jahren,
liegt die Rendite bei 11.5% p.a., braucht es 3 Jahre sind es 7.5% p.a.
11.5% p.a. ist nahezu die Durchschnittsrendite, die ich mit Small Cap Aktien aus Deutschland die letzten 15 Jahre erzielt habe (nach dem aktuellen Rückgang!) und 7.5% p.a. ist eine
Rendite, die man in vielen Publikationen als "langjährige", durchschnittliche Aktien-Markt-Rendite von marktbreiten Indizes findet. Ich vermute, die Realität wird irgendwo in der
Mitte herauskommen.
Als rationaler Anleger kann man bei diesen Aussichten auf Sicht von 2 bis 3 Jahren nur zum Schluss kommen, dass man durchhalten muss und sich jetzt psychologisch vorbereiten sollte.
Auf Käufe nämlich, wenn die Stimmung endgültig am Boden liegt, was diesen Sommer oder Herbst gar nicht so unwahrscheinlich ist!
Der Snapshot zeigt die Wertentwicklung des Wikifolios gegenüber DAX (lila) und SDAX (orange). Beide sind nur knapp 11 Prozent im Plus, das Wikifolio hingegen ca. 35 Prozent.
Snapshot von der Wikifolio-Webseite, 13.07.2022
Es ist PRIME-DAY an der BÖRSE und Keiner GEHT HIN
Posting vom 13.07.2022
Die Dividendensaison im wikifolio ist komplett, da Ausschüttungen des amerikanischen Wertes Kulicke & Soffa hier nicht gutgeschrieben werden. Nun richtet sich der Blick auf die
kommenden Quartalszahlen der Unternehmen.
Oder wird alles dominiert von Geopolitik und Wirtschaftsnews? Ist es egal, was die Unternehmen abliefern? Momentan hat man jedenfalls das Gefühl, das dem so ist und der Markt zwischen
Baum und Borke steht. Die Masse der Teilnehmer kann sich nicht entscheiden: Wo geht die Reise in 2023 hin? Up or Down? Angst wohin man schaut!
Ist es wirklich realistisch, dass die Wirtschaft gleichzeitig in die Rezession geht, die Inflation anhält und die Lieferketten-Probleme andauern? Ist es wirklich realistisch, dass
Deutschland das Gas ausgeht, wenn bis Juni bereits 15% weniger verbraucht wurden als im Vorjahr? Ohne große Spar-Anstrengungen, die im Winter sicher intensiviert werden und es als
machbar erscheinen lassen, den Verbrauch um 25 bis 30 Prozent zu senken.
Die aktuelle Markterwartung ist jedenfalls, dass alle Risiken gleichzeitig zuschlagen werden. Die Nacht ist rabenschwarz. Stark steigende Leitzinsen, hohe
Inflation und Kaufkraftverluste der Verbraucher, eine einbrechende Konjunktur und on top noch eine Gaskrise. Diese Denkweise prügelt die Kurse immer weiter nach unten. Und das
geschieht - spätestens seit Juni - undifferenziert auch bei Unternehmen, die eigentlich gut dastehen und bilanziell solide aufgestellt sind.
Es ist "Prime day" an der Börse und keiner geht hin! Die Stimmung und die Narrative sind einfach zu negativ. Sei es drum, schon der Altmeisters Kostolany wußte:
"Gewinne an der Börse sind Schmerzensgeld. Erst kommen die Schmerzen und dann das Geld." Daher meine Empfehlung: Bleibt investiert!
(c) 2022 Covacoro
Fair Value Analyse für das Covacoro-Wikifolio, Stand 13.07.2022
"Um gute Entscheidungen unter Ungewissheit zu treffen, muss man einen Teil der Information ignorieren."
Gerd Gigerenzer
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Joerg (Donnerstag, 14 Juli 2022 09:54)
Moin Hans-Juergen,
sag' mal, warum vergleichst du eigentlich die Rendite deines Wikifolio (in EUR, oder?) mit Indices (in USD?)
also die 01.01.-01.07. Rendite in fuer uns relevanten EUR ist fuer einen
S&P500 ETF -12,2% (justetf.com/de/etf-profile.html?=search&isin=IE00B3YCGJ38#chart)
Vanguard FTSE All-World UCITS ETF -12,7%
Nasdaq100 ETF - 22,7%
Gibt es bestimmte (technische o.aehnl?) Gruende dafuer, deine Rendite-Vergleiche so zu machen, wie du sie machst?
LG Joerg
Covacoro (Donnerstag, 14 Juli 2022 17:32)
Hallo Joerg,
danke für den Hinweis, Du hast Recht.
Das ich die amerikanischen Indizes dazu geschrieben habe, war als Service gedacht. Ich habe die Daten der reinen Kursentwicklung der US-Indizes in einem Dashboard in Portfolio-Performance stets parat, so sind sie im Artikel gelandet.
Du hast Recht, aus Sicht des EUR-Investors sollte man immer die Wertentwicklung in EUR angeben. Der USD hat ja zuletzt stark an Wert gewonnen, was die Verluste abgepuffert hat. Nur kann ich den Wechselkurs nicht beeinflussen. :-)
Bei den Halbjahreszahlen kannst Du mir das hoffentlich verzeihen, sonst bemühe ich mich bei mehrjährigen Auswertungen immer den EUR und Net Return zu verwenden, siehe z.B. hier: https://www.covacoro.de/2019/02/17/das-mantra-msci-world/
Auf lange Fristen sind dann aber die Wechselkurs-Schwankungen meist irrelevant.
Last but not least: Ich halte mein Wikifolio selbst und ergänze es um ETFs auf MSCI World und MSCI Emerging Markets. Erstere Strategie ist für die Rendite, deckt Werte außerhalb der Indizes in Europa & Deutschland stärker ab. Der passive Teil deckt einfach den "rest of world" breit ab, insofern ist mir eigentlich Benchmark-Denken ziemlich egal.
Es kommt drauf an, dass unter dem Strich die Rendite zum eingegangenen Risiko stimmt.